I want to ride my...

I want to ride my...

Es gibt so Tage da geht gar nix. Die Gedanken rotieren, das schlechte Gewissen dreht hohl und man ist wie blockiert. Bei mir reichen schon kleine Auslöser wie z.b. eine AB-Nachricht von Vattern, ob ich ihm eine Kiste Wasser bringen könnte. Der Gute hat kein Auto mehr sondern nur noch einen Seniorenporsche, so ein 15 Km/h-Teil. Ist ganz praktisch aber ’ne Kiste Wasser kann er damit nicht transportieren. So weit so schlecht, denn mit zwei kaputten Radlagern und einem Endschalldämpfer mit einem riesenloch, also zusätzlich zum Auspuff und garantiert nicht als serienmäßiges Feature für einen coolen Sound gedacht, möchte ich eigentlich jede unnötige Fahrt vermeiden und die Reparatur kann ich mir erst im Oktober leisten.

Nun könnte man meinen “ruf doch einfach an und kläre das”, aber das wäre zu einfach. Ich wurde erzogen mich ja mit jedem gutzustellen und immer brav das Wörtchen “Ja” zu gebrauchen wenn jemand etwas will. Ein “Nein” wurde nicht akzeptiert und grundsätzlich abgestraft. Und das wirkt bis heute nach, so sehr ich auch in den letzten Jahr(zehnt)en dagegen angekämpft habe, also rotieren in solchen Situationen gleich die Gedanken und das Gewissen meldet sich.

So verbrachte ich den Vormittag damit ruhelos und angespannt durch die Wohnung zu tigern, ausschließlich mit dem Gedanken beschäftigt wie ich meinem Vater sagen soll dass ich nicht fahren kann. Nix ging mehr und mein innerer “Akku” leerte sich zusehends. Irgendwann muss ich dann aber doch die Kurve gekriegt haben (vermutlich beim Blick in den leeren Kühlschrank) und ich packte zähneknirschend meine Packtaschen, schnallte sie aufs Fahrrad und fuhr trotz Schwindel und Kopfdruck los.

Die ersten drei Kilometer waren absolut bäh und ich wäre am liebsten wieder umgedreht. Da ich aber dringend einkaufen musste dachte ich “das ziehst du jetzt durch”. Und tatsächlich wurde es mit jedem Kilometer einfacher. Auf der Hälfte der Strecke begann ich wieder die Ruhe und die Natur zu genießen und an “meiner Pausenbank”, die gegenüber eines mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Feldgrabens liegt, gab es erstmal ein ausgiebiges Päuschen. Danach war es nur noch eine Sache von Minuten bis der Kopf völlig frei war und die letzten Reste der Anspannung des Vormittags abfielen. Das Einkaufen und unter Leuten sein fiel mir leicht und die Rückfahrt (ebenfalls mit zwei ausgiebigen Pausen) auch. Danach rief ich frohen Mutes Vattern an dass es eben nicht geht weil Auto kaputt. Und siehe da, er hat schon einen Gartennachbarn gefragt. Also mal wieder alle Aufregung umsonst aber macht das mal meinem Gewissen klar.

Ich denke ich habe damit so langsam so etwas wie meine “Passion” gefunden, nachdem ich viele Dinge ausprobiert habe. Joggen ging gar nicht (aua) und Yoga und Meditation helfen mir nur an “guten” Tagen. Aber Rad fahren ist etwas was mich auch an schlechten Tagen aufbaut, wenn ich für nix anderes den Kopf freihabe. Vermutlich ist es die Kombination aus frischer Luft und Bewegung. Ich hoffe mal dass die Begeisterung dafür noch lange anhält.